Wer darf eine Risikobeurteilung erstellen?

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Wer darf eine Risikobeurteilung erstellen?

Wer für eine Maschine oder Anlage eine Risikobeurteilung erstellen möchte, benötigt einige Fachkenntnisse. Was es dabei genau zu beachten gilt, erfahren Sie im folgenden Text.

Inhaltsverzeichnis
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    Die Arbeit an einer Maschine bringt unvermeidbare Gefahren mit sich, die zu Unfällen im Betrieb führen können. Diese müssen nicht immer tödlich ausgehen oder schwerwiegende Folgen haben, trotzdem müssen Unfälle vermieden werden. Zum einen haben Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter:innen oberste Priorität. Zum anderen stellt sich für Betreiber bei Unfällen im Arbeitsumfeld auch immer die Frage der Haftung – eine entsprechende Prüfung der Berufsgenossenschaft kann durchaus unangenehm und kostspielig sein.

    Als Beurteilungsgrundlage jeglicher Gefährdungen muss eine Risikobeurteilung für die Maschine erstellt werden. Darin sind alle grundsätzlichen und potenziellen Risiken im Umgang mit dieser dokumentiert – ebenso wie Maßnahmen, um alle Risiken bestmöglich zu minimieren. Die Ausstellung der Risikobeurteilung ist zwingender Bestandteil der Konformitätserklärung, welche das Herzstück der CE-Kennzeichnung ist. Die CE-Kennzeichnung ist nach dem Deutschen Produktgesetz Pflicht und belegt, dass eine Maschine bei Inverkehrbringen innerhalb der EU allen aktuell gültigen Normen, Richtlinien und Gesetzen entspricht.

    Hersteller ist verantwortlich für Risikobeurteilung

    Für die CE-Kennzeichnung ist der Hersteller einer Maschine oder Anlage juristisch verantwortlich, und somit auch für die Risikobeurteilung. Er muss sie jedoch nicht selbst erstellen. Die Erstellung der Risikobeurteilung kann grundsätzlich jede:r vornehmen, die oder der die notwendige Fach- und Sachkompetenz hat.

    Kenntnisse relevanter Richtlinien sind wichtig

    So sollten Personen, die an der Risikobeurteilung beteiligt sind, Basiskenntnisse der Sicherheitstechnik haben. Darüber hinaus sollten die EU-Richtlinien, die Maschinenrichtlinie sowie die Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen, die in der Risikobeurteilung angewendet werden, bekannt sein. Für den Maschinenbau sollte vor allem die Norm „DIN EN ISO 12100 – Sicherheit von Maschinen“ zum Kenntnisstand gehören. Diese Maschinensicherheitsnorm vom Typ A, also Sicherheitsgrundnorm, legt einerseits die Terminologie und somit die Verwendung von Fachbegriffen fest. Zudem thematisiert sie die grundsätzlichen Vorgaben an die Risikobeurteilung und Risikominderung von Maschinen.

    Wichtig: Die Norm DIN EN ISO 12100 formuliert als sogenannte Sicherheitsgrundnorm wesentliche Anforderungen an die Maschinensicherheit.

    Anwendung der Richtlinien

    Bevor der Hersteller mit der Risikobeurteilung beginnt oder sie in Auftrag gibt, muss er zunächst herausfinden, welche Richtlinie Anwendung für die geplante Maschine findet. Die wichtigste ist die Europäische Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, aber auch weitere europäische Richtlinien können dazu zählen. So beispielsweise die Richtlinie für elektromagnetische Verträglichkeit, kurz EMV-Richtlinie. Bei der praktischen Umsetzung ist wichtig, dass alle Arten von Risiken und Gefährdungen aufgedeckt und gelistet werden. Weitere Schritte und Maßnahmen müssen dann für jede einzelne Gefährdung geplant werden. Dabei wird zuerst nach einer Lösung zur Vermeidung der genannten Gefährdung gesucht. Lässt sich diese nicht finden, werden zusätzliche technische Schutzmaßnahmen bei der baulichen Planungsphase berücksichtigt und mit eingeplant. Sollte das ebenfalls nicht möglich sein, wird der Benutzer mit Hilfe von Warnhinweisen und mittels Betriebsanleitung über Restrisiken informiert.

    Risikobeurteilung nach der Druckgeräterichtlinie wird notwendig bei Drucksystemen wie z.B. Hydraulik

    Es existieren Maschinen und Anlagen, die nicht nur der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (bzw. ab Januar 2027 der neuen Maschinenverordnung) unterliegen, sondern zusätzlich noch unter eine oder gar mehrere andere EU-Richtlinien fallen. Häufig sind das die Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU, die EMV-Richtlinie 2014/30/EU oder die Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU. Gerade bei Maschinen, die unter zwei oder mehr EU-Richtlinien fallen, gibt es häufig Bedingungen, unter denen für die Durchführung der Risikobeurteilung eine sogenannte Benannte Stelle erforderlich ist. Eine Benannte Stelle ist klassischerweise der TÜV oder die DEKRA. Sie nimmt Produkte ab, von denen ein besonderes Gefahrenpotenzial ausgeht.

    Auf das Beispiel der Druckgeräterichtlinie bezogen, ergibt sich dieses Gefahrenpotenzial durch drei Faktoren:

    • das Volumen des Druckgeräts

    • der maximale Betriebsdruck

    • und die Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem verarbeiteten Stoff um einen „gefährlichen“ oder einen „gefahrlosen“ Stoff handelt.  

    Als Beispiel sei hier einmal aufgeführt, dass ein mineralisches Thermalöl ein „gefahrloser“ Stoff, ein vergleichbares synthetisches Thermalöl jedoch als „gefährlicher“ Stoff eingestuft wird. Die Druckgeräterichtlinie verweist in Bezug auf die Einstufung, ob es sich um einen gefährlichen Stoff handelt oder nicht, auf die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP). Diese Verordnung mit mehr als 1300 Seiten enthält einheitliche Anforderungen für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von chemischen Stoffen und Gemischen. Leider stellt es sich in der Praxis eher schwierig dar, in dieser Verordnung den konkreten Stoff zu finden.

    Tipp: Ob ein spezifischer Stoff als gefährlich eingestuft ist oder nicht, kann im zugehörenden Materialsicherheitsdatenblatt (MSDS = material safety data sheet) schnell gefunden werden!

    Ob ein Stoff als gefährlich eingestuft ist oder nicht, kann im zugehörenden Materialsicherheitsdatenblatt (MSDS = material safety data sheet) schnell gefunden werden. Hier bitte gezielt nach der Verordnung Nr. 1272/2008 suchen. Daher an dieser Stelle mein Tipp, die Einstufung „gefährlicher / ungefährlicher Stoff“ über das Materialsicherheitsdatenblatt (MSDS = material safety data sheet) zu finden!

    Erstprüfung und Folgeprüfung durch eine Benannte Stelle: Wo liegt der Unterschied?

    Bei der Prüfung von Maschinen und Anlagen durch eine Benannte Stelle wird zwischen Erstprüfungen und Folgeprüfungen unterschieden. Während der Maschinenhersteller die Erstprüfung durch eine Benannte Stelle im Zuge der Inverkehrbringung bezahlt, muss der Maschinenbetreiber alle Folgeprüfungen übernehmen. Diese sind routinemäßig alle zwei Jahre erforderlich.

    Bei der Erstprüfung erfragt die oder der TÜV-Mitarbeiter*in erst einmal die technischen Daten der betreffenden Maschine, die Spezifikationen der verwendeten Bauteile sowie eventuelle Berechnungen und Prüfungen, die der Hersteller in Vorarbeit bereits selbst durchgeführt hat. Bei den Folgeprüfungen werden im wesentlichen Beschädigungsprüfungen wie etwa Rissprüfungen durchgeführt, in der Regel zerstörungsfrei über sogenannte Farbeindringverfahren. So können beschädigte Stellen im Material ausgemacht werden.

     

    Erstellung der Risikobeurteilung: Inhouse oder durch externen Dienstleister?

    Bei der Risikobeurteilung stellt sich aufseiten des Herstellers daher die Frage, ob diese im eigenen Betrieb (= inhouse) oder etwa durch einen externen Dienstleister erstellt werden soll. Rein rechtlich existieren dafür keine genaueren Vorgaben; lediglich die Risikobeurteilung selbst muss am Ende fehlerfrei sein und alle Risiken der betreffenden Maschine oder Anlage abdecken.

    Beide Wege zur Risikobeurteilung, inhouse wie über einen externen Dienstleister, haben ihre Vor- und Nachteile. Eine Risikobeurteilung innerhalb des eigenen Betriebs ist in der Erstellung meist kostengünstiger; außerdem kennt der Hersteller seine Maschine oder Anlage am besten und kann somit alle notwendigen Daten aus einer Hand liefern. Andererseits verfügen nicht in allen Unternehmen Mitarbeiter:innen über die nötige Sachkenntnis, um eine Risikobeurteilung korrekt zu erstellen – was im Worst Case kostspielige Nachprüfungen bedeuten kann, falls ein Kunde Fehler in der Risikobeurteilung entdeckt und ggf. zu der Frage führt, ob der oder die Inhaber:in oder der oder die Geschäftsführer:in grob fahrlässig gehandelt hat.

    Diese nötige Kenntnis bringt ein externer Dienstleister in jedem Fall mit. Bei ihm handelt es sich meist um einen CE-Koordinator. Durch seine Erfahrung im CE-Prozess und damit in der Risikobeurteilung sorgt er dafür, dass alle für die Inverkehrbringung erforderlichen Dokumente wasserdicht sind.

    Entscheidender Faktor: Größe des Unternehmens

    Ein guter Anhaltspunkt ist die Größe des Unternehmens, das eine Risikobeurteilung erstellen möchte. Große Unternehmen verfügen meist über eigene CE-Koordinatoren oder aber sie haben genug Mitarbeiter:innen, um einige von ihnen explizit für die CE-Kennzeichnung und Risikobeurteilung inhouse zu beschäftigen.

    Mittelständische und kleine Unternehmen hingegen, die (je nach Definition) weniger als 500 oder 250 Mitarbeiter:innen haben, haben dafür in der Regel häufig keine ausreichenden Kapazitäten. Bei ihnen müssen nicht selten Mitarbeiter:innen anteilig sowohl Auftragsarbeiten erledigen als auch den CE-Prozess betreuen – ein Vorgehen, bei dem Fehler kaum vermieden werden können.

    Deshalb empfiehlt es sich gerade für kleine und mittelgroße Unternehmen, einen externen Dienstleister hinzuzuziehen, der dem Betrieb mit seinem Know-how unter die Arme greift. Im Prinzip lohnt sich eine CE Beratung durch einen externen Dienstleister für alle Firmen, die sich nicht sicher sind, ob sie über genug eigene Kapazitäten und Kompetenzen verfügen, um eine Risikobeurteilung zu erstellen.

    Beispiel-PDF Risikobeurteilung

    Falls Sie als Hersteller beschlossen haben, Ihre eigene Risikobeurteilung inhouse zu erstellen, finden Sie im folgenden PDF ein Beispiel, wie diese aussehen kann. Auch, wenn Sie sich zunächst einmal nur grob über das Thema Risikobeurteilung informieren wollen, kann dieses Beispiel-PDF einer Risikobeurteilung ein erster Anhaltspunkt sein.

    Fazit – Wer darf eine Risikobeurteilung erstellen?

    Zusammengefasst: Eine Risikobeurteilung kann jede:r erstellen, die oder der über die nötigen Fachkenntnisse verfügt. Neben den Grundlagen der Technischen Dokumentation sind das vor allem:

    • Technische Grundkenntnisse, um die zu bewertende Maschine zu verstehen und die davon ausgehenden Risiken auch bewerten zu können
    • Basiskenntnisse der Sicherheitstechnik
    • Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (bzw. ab Januar 2027 die neue Maschinenverordnung) sowie gegebenenfalls die Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU, die EMV-Richtlinie 2014/30/EU oder die Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU und deren jeweilige Anforderungen an Sicherheit und Gesundheitsschutz
    • Die Norm DIN EN ISO 12100 der Maschinensicherheit für die Erstellung von Risikobeurteilungen

    Bei einer gewissen Komplexität der Risikobeurteilung, etwa aufgrund mehrerer gültiger EU-/EG-Richtlinien, empfiehlt es sich darüber hinaus, eine Expertin oder einen Experten hinzuzuziehen.

    Als Experte mit langjähriger Erfahrung in der CE Kennzeichnung von Maschinen bringe ich zum Thema ⇨Risikobeurteilung von Maschinen umfassendes Fachwissen aus Theorie und Praxis mit, um Ihr Projekt bestmöglich zu unterstützen. Gerne berate ich Sie.

    Kay Knorre

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